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Drei von vier Bewerbern zeigen keine Motivation

von S. Spaeth - Sie sind meist nichtssagend und für Arbeitgeber unnütz: die Begleitschreiben. Zu diesem Fazit kommt ein Experte nach der Analyse von 100 Bewerbungsbriefen.

«Ich habe diese Stelle ausgeschrieben gesehen und sie hat mich sofort angesprochen.» Dieser Satz steht in unzähligen Motivationsschreiben. Was sagt er aus? Nichts, weil belanglos! Und auch die Floskel «ich möchte gern zum Unternehmenserfolg beitragen» hilft dem künftigen Chef nur wenig, zumal es sich dabei um eine Selbstverständlichkeit handelt. Personalexperte Jörg Buckmann hat 100 anonymisierte Motivationsschreiben unter die Lupe genommen. Sein Verdikt: «Es waren höchstens Spuren von Motivation erkennbar», sagt der ehemalige VBZ-Personalchef und heutige HR-Berater.

 

Repräsentativ ist Buckmanns Auswertung für sechs verschiedene Jobs in drei Branchen natürlich nicht. Die Analyse macht aber deutlich, dass es ums Motivationsschreiben miserabel steht, selbst bei Kaderjobs. 75 Prozent der geprüften Schreiben enthielten überhaupt keine Information zur Motivation. Weitere 20 Prozent machten aus Sicht des potenziellen Arbeitgebers eine fürs Abschätzen der Eignung nutzlose Motivation geltend, etwa den kürzeren Arbeitsweg oder die drohende Entlassung. Nur 5 Prozent oder jede zwanzigste Bewerbung enthielt eine nachvollziehbare, positive Motivation.

 

Motivationsschreiben wirken abschreckend

 

Dass es nicht gut ums Bewerbungsschreiben steht, hat Buckmann geahnt. Die dermassen schlechte Zahlen waren dann aber doch überraschend. «Es sieht meist nach einer Pflichtübung aus. Belangloses Zeug bringt potenziellen Arbeitgebern aber überhaupt nichts», sagt Buckmann. «Bei vielen handwerklichen oder technischen Berufen sowie in der Pflege und der Gastronomie ist die Pflicht zum Motivationsschreiben eine Qual für Bewerber und wirkt eher abschreckend.»

 

Von den drei traditionllen Bewerbungsdokumenten (Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse) ist Ersteres bei Jobsuchenden am unbeliebtesten: Jeder Dritte würde gern darauf verzichten; bei den unter 30-Jährigen ist es sogar jeder Zweite, wie die jüngste Candidate-Journey-Studie zeigt. Angesagt sind laut der Studie «Mobile- und One-Click-Bewerbungen», wie sie etwa über LinkedIn- oder Xing-Profile möglich sind. «Die Simplifizierung von Bewerbungsprozessen ist dringend nötig. Hürden zwischen Kandidaten und Arbeitgebern abbauen ist das Gebot der Stunde», schreiben die Autoren.

 

CS verlangt keine Motivationsschreiben

 

HR-Experte Buckmann, der auch für Firmen Recruiting-Kampagnen entwirft, sagt: «Das Festhalten am alten Zopf wird für Unternehmen aus Branchen mit Personalmangel zum Wettbewerbsnachteil.» Sinnvoll findet der Experte Motivationsschreiben lediglich in Kreativ- oder Kommunikationsberufen, wo Sprache und Schrift eine hohe Bedeutung hätten.

 

Erste Schweizer Firmen ersparen den Bewerbern denn auch die Motivationsschreiben. «Grundsätzlich verlangen wir für Berufserfahrene kein Schreiben mehr», sagte ein Sprecher der Credit Suisse bereits 2018 zu 20 Minuten. Die Bank rekrutiere im internationalen Umfeld. Da sei es die Praxis, dass das Motivationsschreiben nicht mehr so relevant sei. Und auch bei der Elektroinstallationsfirma Swisspro verzichtet man bei Jobs auf dem Bau auf den Bewerbungsbrief. Den Bedeutungsverlust des Anschreibens zeigt auch eine Umfrage des Personaldienstleisters Robert Half: Fast die Hälfte von 200 befragten HR-Leuten würden Bewerbungen auch ohne Anschreiben berücksichtigen.

 

20min.ch, Februar 2019